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03.02.2019 E-loading-Betrug – aktuelles Urteil des LAG Düsseldorf

Wie wir bereits 2016 berichtet haben gab es bislang zwei bekannt gewordene Fälle, in denen Mitarbeiter zu Schadensersatz an ihre Arbeitgeber verurteilt worden waren. In beiden Fällen hatten die Angestellten trotz eindeutiger und von ihnen unterschriebener Mitarbeiterbelehrung Cash-Codes an betrügerische Anrufer herausgegeben. In einem Fall hatte das Gericht grobe Fahrlässigkeit gesehen, im anderen sogar „bedingten Vorsatz.“

Aktuell geht ein gegensätzliches Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (14 Sa 334/17) vom 29.08.2017 durch die Medien. Da der Urteilstext noch nicht vorliegt, nachstehend die Pressemitteilung des Gerichts, aus der die Fallgestaltung und die Urteilsgründe zu entnehmen sind.

Spoofing: Kassiererin handelte nicht grob fahrlässig

Die Beklagte ist seit dem 21.06.2015 in Teilzeit als Kassiererin in einer Tankstelle beschäftigt. Sie wurde an ein bis zwei Tagen eingearbeitet. Dabei ist ihr die Betriebsanweisung mitgeteilt worden, Telefonkarten nicht am Telefon herauszugeben. Am Abend des 29.09.2015 arbeitete die Beklagte in der Tankstelle. Um 22.49 Uhr erhielt sie einen Anruf von einer männlichen Person, die sich als Mitarbeiter einer Telefongesellschaft ausgab. Er erklärte, dass eine Systemumstellung vorgenommen werden solle, womit eine andere Firma, und zwar diejenige, die für Betreuung des gesamten Betriebssystems der Tankstelle zuständig war, beauftragt sei. Diese würde sich kurze Zeit später telefonisch melden. Um 22.51 Uhr erhielt die Beklagte einen Anruf einer weiteren männlichen Person, die sich als Mitarbeiter der beauftragten Firma ausgab. Diese gab an, dass sämtliche 30-Euro-Prepaidtelefonkarten durch neue ersetzt werden müssten. Die Beklagte scannte daraufhin insgesamt 124 Prepaidkarten zu je 30 Euro ein, druckte die jeweils 14stelligen Codes aus und gab dem Anrufer sämtliche Prepaid-Codes telefonisch bekannt. Bei den Anrufen handelte es sich um einen Betrug, durch den ein Schaden von 3.720 Euro entstand. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass es sich um einen Fall von sog. Spoofing handelte, bei dem eine falsche Telefonnummer des Anrufers angezeigt wurde. Die Klägerin, eine Versicherung, erstattete der Inhaberin der Tankstelle diesen Schaden und nimmt die beklagte Arbeitnehmerin aus übergegangenem Recht in Anspruch.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hatte die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht gewahrt. Nach dem Arbeitsvertrag kam daher eine Haftung nur noch bei grober Fahrlässigkeit in Betracht. Diese lag nicht vor. Die Kassiererin hat in der konkreten Situation die erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das verkannt, was jedem hätte sofort einleuchten müssen. In der doppelten Anrufsituation befand sie sich in einer strukturellen Unterlegenheit gegenüber den Anrufern, die den Betrugsversuch professionell vorbereitet hatten. Ein ganz entscheidender Aspekt dafür, dass die Kassiererin die Anrufe für echt halten durfte, war zur Überzeugung des Gerichts folgender: Bei Eingabe der 124 Karten in das System fragte dieses die Kassiererin - anders als sonst - nicht, ob die Eingabe aufgrund telefonischer Anfrage erfolgte. Nach den zwei angeblich von der Telefongesellschaft und des Systembetreibers der Tankstelle erfolgten Anrufen durfte die Kassiererin jedenfalls aufgrund dieses weiteren Umstandes davon ausgehen, dass alles seine Richtigkeit hatte, selbst wenn generell eine Herausgabe der Codes der Telefonkarten auf telefonische Anweisung nicht erfolgen sollte.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Auf den ersten Blick ein etwas weltfremd erscheinendes Urteil – 124 Codes auszudrucken löst keinen Schadensersatz aus? Man kann, da die Urteilsbegründung noch nicht vorliegt, aus dieser Pressemitteilung nur mutmaßen, aufgrund welcher besonderer Umstände das Gericht zu diesem Schluss kam.

Möglicherweise war die Betriebsanweisung, die der Angestellten offenbar nur während ihrer Einarbeitungszeit „mitgeteilt“ wurde, in diesem Punkt nicht eindeutig genug. Sie ersetzt eben nicht eine schriftliche Mitarbeiterbelehrung, in der auch Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlung aufgeführt sind und die vom Mitarbeiter zu unterzeichnen ist.

Eine Besonderheit des Falls liegt sicher auch darin, dass nicht der Arbeitgeber klagte, sondern seine Versicherung aus abgetretenem Recht. Dies hatte wahrscheinlich eine zeitliche Verzögerung zur Folge, so dass die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist bereits überschritten war, somit eine (anteilige) Haftung aus normaler Fahrlässigkeit nicht mehr in Betracht kam. Eine grobe Fahrlässigkeit nahm das Gericht auch deswegen nicht an, weil das elektronische Kartensystem bei Eingabe der Karten nicht die automatische Warnfrage stellte, ob die Erzeugung der Codes aufgrund einer telefonischen Anfrage erfolge.

Wir kommen auf das Urteil zurück, sobald uns der vollständige Text vorliegt, möchten an dieser Stelle aber unbedingt nochmals an die notwendige Information und Schulung der Mitarbeiter erinnern. Diese sollte dokumentiert werden, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Schulung auch bewiesen werden kann. Hilfreich ist auch das Vorführen der im Internet verfügbaren Videos zu diesem Thema.. Einfach bei Youtube.com nach dem Stichwort „Paysafebetrug“ suchen.

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01.07.2017 Weitgehend nichts Neues - Das Tankstellennetz am 01.07.2017

Der Energie Informationsdienst hat wie in jedem August die von ihm erhobenen aktuellen Tankstellenbestandszahlen zum Stichtag 1. Juli veröffentlicht. Viele Neuigkeiten sind dem Zahlenmaterial nicht zu entnehmen, was angesichts der Branchenkonjunktur durchaus keine schlechte Nachricht darstellt:

- Das Tankstellennetz schrumpft zwar weiter, aber eben auch weiterhin langsam. Im gesamten Bundesgebiet gab es laut EID am 01.7.2017 noch 14.482 Tankstellen, 14.124 Straßen- und 358 Autobahnstationen. Das sind netto (d.h. als Saldo von Neubauten und Schließungen) 20 Stationen weniger als zu Jahresbeginn und 41 weniger als zum 1. Juli 2016. Die Geringfügigkeit der Schrumpfungsrate ist umso bemerkenswerter, wenn man weiß, welches Investitionsvolumen hinter den Neu- und den noch zahlreicheren Umbauten (Beispiel Aral mit REWE-To-Go) steckt.

- Grundlage dafür sind weiterhin eine gute Konjunktur und die stabile Marktlage. Die abgesetzten Mengen sind gegenüber dem schon guten Vorjahreszeitraum nochmals gestiegen, und auch bezüglich der Margen berichtet der EID von zufriedenen Marktteilnehmern. Insbesondere das Ertragsniveau beim Diesel hat sich wohl im ersten Halbjahr verbessert. Ein Grund für die verbesserten Margen könnte auch darin liegen, dass die maßgeblichen Konzerne ihre auf Preissysteme weiter verbessert haben, welche auf über die MTS-K gemeldeten Wettbewerbspreise reagieren. Sie reagieren inzwischen schneller und angepasster. Und wenn man als A-Marke in den Nachtzeiten, wenn viele Wettbewerbsstationen geschlossen sind, auch nur relativ geringe Mengen absetzt: Ein während dieser Stunden um einen zweistelligen Cent-Betrag erhöhter Säulenpreis erhöht die Durchschnittsmarge trotzdem erheblich.

- Mit dem niedrigen Preisniveau geht weiter einher, dass die großen Gesellschaften ihre Marktanteile gehalten haben und dass Aral und Shell unverändert von Steigerungen beim Absatz ihrer Premiumkraftstoffe berichten.

Zu den einzelnen Netzen:

- BP hat unter der Aral-Marke mit 2.333 Straßentankstellen weiterhin das größte Netz, netto nur 2 weniger als zu Jahresbeginn. Das REWE-To-Go-Konzept ist inzwischen bei 170 Stationen umgesetzt. Den Absatzmarktanteil schätzt der EID unverändert auf 21,5 %.

- Mit 20 % Marktanteil hat die Shell ebenfalls ihren Marktanteil gehalten, trotz eines Tankstellenrückgangs seit Jahresbeginn um netto 10 auf 1.919. Dabei sind in der Stationszahl die unter bft-Zeichen betriebenen Rheinland-Kraftstoff-Stationen enthalten.

- Die Total hat ihre Tankstellenzahl seit dem 1. Januar nochmals um netto 10 auf nun 1.146 erhöht. Das langfristige Ziel von 10% Marktanteil ist fast erreicht; der EID schätzt den Marktanteil von Total auf inzwischen 9,5 % und damit um einen halben Prozentpunkt höher als zu Jahresbeginn.

- Einen halben Prozentpunkt verloren hat hingegen die Esso. Ihr Marktanteil liegt damit nun bei 7 %. Gleichzeitig ist das Netz seit Jahresbeginn nochmals um 9 auf jetzt 983 Stationen geschrumpft. Ob, wie von der Esso gehofft, das neue Stationskonzept „Synergy“, das bis jetzt bei 250 Stationen umgesetzt wurde, eine Wende bringt, wird sich zeigen. Der Leiter des Esso-Tankstellennetzes, Alexander Hentschke, wird jedenfalls mit den Worten zitiert, die Umsätze an den neu gestalteten Stationen entwickelten sich prächtig.

- Weiter gewachsen ist das Netz der Aviaten. Die Zahl der Avia-Stationen liegt inzwischen bei 861, zehn mehr als zu Jahresbeginn.

- JET betreibt inzwischen 826 Tankstellen, noch einmal fünf mehr als am 1. Januar. Ihr Marktanteil liegt jedoch unverändert bei 10,5 %. Der Preisvorteil lockt in Zeiten niedriger Kraftstoffpreise die Kunden eben nicht so sehr wie in Hochpreisphasen. Dennoch äußert sich auch die Jet zufrieden mit dem bisherigen Jahresverlauf.

Vor dem Hintergrund des drohenden Verlusts der steuerlichen Förderung dieses Kraftstoffs und der niedrigen Preise für Ottokraftstoffe hatten wir vor einem halben Jahr gemeint, dass 2016 für lange Zeit das letzte Jahr gewesen sein dürfte, in dem das Netz der Autogasstationen wuchs. Das war – glaubt man den jetzt veröffentlichten Zahlen - ein Irrtum. Nach Angaben des EID, der den DVFG als Quelle nennt, liegt die Zahl der Autogasstationen jetzt bei 7.466. Dies wären 465 mehr als zu Jahresbeginn. Eine derartige Investitionswelle in einen Kraftstoff, dessen steuerliche Förderung auf der Kippe stand, ist jedoch nicht vorstellbar und findet sich auch in den Zahlen der einzelnen Tankstellengesellschaften nicht wieder. Wir befürchten daher, dass entweder das frühere oder das jetzige Zahlenwerk einer Überprüfung bedarf.

Weiter zurückgegangen ist die Zahl der Erdgastankstellen. Trotz Dieselskandal gibt es jetzt mit 871 nochmals 11 Stationen weniger als zu Jahresbeginn.